Die Arbeit mit dem inneren Kind

Menschen werden oft beherrscht  von kindlichen Denkstrukturen und kindlichen Gefühlswelten. Das bedeutet, dass die Menschen noch Reste ihrer kindlichen Traumata mit sich herumschleppen, sich noch nicht gelöst haben von bestimmten Erfahrungen und sich als Opfer der Erwachsenen (Vater und Mutter) sehen. Die Anklage an die Eltern hält sie fest verstrickt in den kindlichen Mustern, so dass Änderungen und Entwicklung auf der emotionalen Ebene gar nicht mehr möglich sind.

Arbeit mit dem Inneren Kind Schatten

Äußerlich erwachsen, oft  in angesehener äußerer Position, verraten die aktuellen Probleme doch das Anhaften an kindlichen  ungelösten emotionalen Problemen, die übertragen werden auf das erwachsene Leben, auf die Beziehungen zu Partnern, Kindern, Chefs, Mitarbeitern usw.    lieblos und ablehnend erscheint. 
Wir nennen diese festgehaltenen kindlichen geistigen Strukturen das Innere Kind. Wo ist dieser Mensch denn nun innerlich steckengeblieben? Was ist die Geschichte, an die er glaubt, mit was hat er sich da identifiziert?

Wenn ein Mensch sich beklagt über äußere Unannehmlichkeiten wie schlechte Arbeitsbedingungen, schlechte Behandlung jeder Art, Bedrohliches und Ängste, Schmerz und Enttäuschung, dann können wir davon ausgehen, dass er bestimmte Szenen seiner Kindheit gerade neu inszeniert. Warum tut er das? Weil das ungelöste Problem gelöst werden möchte. Dazu muss aber erst einmal bewusst werden, was denn nun wirklich das Problem ist. Das geschilderte Symptom bietet uns den Zugang zu dem, was das sog. Trauma ist, an dem der Mensch festhält.

Das Trauma ist eigentlich ein eingekapseltes Gefühl, das dem Kind offenbar zu unerträglich erschien, um es bis zum Ende fühlen zu können und zu wollen, stattdessen wurde es aus dem Bewusstsein in tiefere Schichten (Unterbewusstsein) verschoben, wo es nicht mehr so spürbar ist. Zurück bleiben nur Fetzen der  Erinnerung an die äußere Geschichte, und das Gefühl, das Opfer von Unerträglichem gewesen zu sein. Über allem wird dann eine Abwehrschicht aufgebaut von Anklagen und Schuldzuweisungen. Der Mensch macht sich durch seine Geschichte dauerhaft zum Opfer und bleibt da so lange, bis er sich selber derart durch diese Haltung behindert, dass er nicht mehr weiter weiß. Er leidet und er weiß nicht wirklich, was die Ursache dieses Leidens ist.

KInd Erwachsener

Der erste Schritt der Heilung in der Arbeit mit dem Inneren Kind besteht nun darin, den Klienten seine Geschichte erzählen zu lassen. Was hast du als Kind erfahren? Was hast du gefühlt? Was fühlst du jetzt, wenn du dich erinnerst? Dieses Kind, das als Opfer der übermächtigen Erwachsenen erscheint, hat ja tatsächlich Unannehmlichkeiten erfahren, die schmerzhaft und beängstigend waren. Ohnmacht, Zurückweisung, Demütigung, Entwertung, Begrenzung, all das waren solche schmerzhaften Momente, die das Kind nie wieder erfahren wollte. Also mussten Abwehr- und Vermeidungsstrategien entwickelt werden. Ein Überlebenskonzept, das nie wieder überprüft wurde, sondern das die kindliche Haltung einfach konserviert.

Ja, jedes Kind hat schwierige Momente erlebt, Begegnungen mit Schmerz, Angst und Ohnmacht. Dennoch: es ist vorbei. Niemand ist schuld an seinem momentanen Leiden. Die Ursache seines Leidens ist sein eigenes Festhalten an der Geschichte und den Abwehrstrategien. Er hat das Innere Kind einfach abgeschoben und will es nicht mehr fühlen, sondern sich nur noch schützen vor weiteren Verletzungen oder Misshandlungen. Er will sich aber auch nicht als Kind sehen, das immer noch voller Schmerz und Angst ist. Der erste Schritt der Arbeit mit dem Inneren Kind ist also der Schritt auf das Innere Kind zu.

Kind versteckt

In der Arbeit mit dem Inneren Kind darf endlich das, was ins Unbewußte verschoben wurde, wieder gesehen, gefühlt und gehört werden, ein verletztes, verängstigtes, verstörtes Kind wird sichtbar, ein Kind, das die Welt nicht versteht, das sich ausgeliefert fühlt an Kräfte, die bedrohlich erscheinen.

Gut, nun haben wir das Kind im Blick und die Geschichte des Kindes, seine Leidensgeschichte. Wir können verstehen und mitfühlen, warum dieser Mensch eine Abwehrstruktur erschaffen hat – das Leid erschien so unerträglich, eine Wiederholung musste folglich verhindert werden. Leider hat die Abwehr nicht wirklich gehalten, was sie versprochen hat, das Leiden ist ja wieder da, vielleicht in anderer Form, aber irgendwie doch ziemlich ähnlich dem, was das Kind erlebte.

Die Auflösung des Leidens ist nur möglich durch Einsicht in die Denkstrukturen, durch eine liebevoll-nüchterne Haltung gegenüber einem kindlichen Geist in mir, durch Erforschung des inneren Geschehens. Dazu können verschiedene Konzepte und Formen der inneren Arbeit genutzt werden, die der Bewusstmachung der unbewussten Strategien dienen. Eine aufregende Reise in das Innere beginnt. In der Arbeit mit dem Inneren Kind beginnen wir allem zu begegnen, was bisher verborgen und unterdrückt war und sogar verheimlicht wurde. Es kann so erleichternd sein alles das zu offenbaren, was wir verdrängt und verleugnet haben: Zorn, Hass, Angst – und Liebe.

Kind Freude

Die Arbeit mit dem inneren Kind dient der Befreiung aus einem inneren Gefängnis. 

Originaltext von www.kloster-saunstorf.de